Navigation überspringen
Potsdam, 10.02.2015

Aquarium im Naturkundemuseum feiert seinen 50. Geburtstag

Was heute weltweit ein Bestandteil der Ausstellungskonzeption von Naturkundemuseen ist, war vor 50 Jahren nicht selbstverständlich – die Präsentation lebender Tiere. Vor 50 Jahren gehörte das damalige Bezirksheimatmuseum Potsdam zu den ersten Museen, die mit der Einrichtung eines Schauaquariums diesen Schritt wagten. „Die Bedingungen dafür waren in den 1960er-Jahren am Museum nicht optimal. Es herrschte Platzmangel, Mangel an finanziellen Mitteln und entsprechender Ausrüstung. Aber die Ideen des ersten Museumsdirektors Dr. Gerhard Schie und das nachfolgende Engagement von Hans-Joachim Paepke, Mitarbeiter der Naturkundeabteilung, ließen das Aquarium entstehen“, sagt der Museumsdirektor Dr. Detlef Knuth. Am 9. Februar 1965 wurde das Aquarium „Fische der Havelseen“ mit acht Ausstellungsaquarien und insgesamt 3000 Litern Wasservolumen eröffnet.  Es wurden ausschließlich einheimische Fischarten gezeigt. Der Publikumszuspruch war sehr groß.

Eine weitere Etappe prägte die Entwicklung des Aquariums entscheidend. Mit der Generalsanierung des Ständehauses von 1980 bis 1983 ergaben sich neue Ausstellungsmöglichkeiten, besonders für das Aquarium. Der zerstörte Westflügel des Ständehauses wurde wieder aufgebaut. Im Keller war Platz für ein neues, großes Aquarium. Unter der Leitung des damals jungen Museumsmitarbeiter Detlef Knuth entstand das erste Großaquarium mit 16 Becken und 36 000 Litern Wasservolumen. „Fantasie und viel Organisationstalent waren gefragt, alle erforderlichen technischen Geräte und Materialien zu beschaffen. Besonders herausfordernd war die Beschaffung großer Frontscheiben“, so der heutige Museumsdirektor. Das Aquarium wurde am 18. Mai 1983 unter dem neuen Namen „Aquarium – Fische der Havelgewässer“ mit großem Erfolg eröffnet. Erstmals gab es ein Aquarium für heimische Fischarten mit Frontscheiben von fast vier Quadratmetern Fläche. Ständig wurden 45 verschiedene heimische Fischarten gezeigt - eine Herausforderung. „Damit gehörte unser Aquarium zu den leistungsfähigsten Einrichtungen in Deutschland“, so Knuth.

Das Interesse an der Natur und heimischen Tierwelt waren in Potsdam damals groß. So war es im Jahr 1989 eine zoologische Sensation, als brandenburgische Fischer nach 30 Jahren wieder ein mehr als 73 Zentimeter großes Meerneunauge fingen. Neunaugen zählen zu den primitivsten Wirbeltieren und haben eine Stammesgeschichte von über 400 Millionen Jahren hinter sich. Die Tiere wandern zum Ablaichen über die Elbe in die Havel. Das gefangene Tier wurde im Aquarium des damaligen Potsdam-Museums gezeigt und sorgte für einen Ansturm von mehr als 1300 Besuchern an nur einem Wochenende. Aufgrund ihrer biologischen Besonderheiten können Neunaugen nur für kurze Zeit in Aquarien gehalten werden.

Ein schweres Kapitel in der Geschichte des Aquariums begann Ende 1997. Aus Kostengründen sollte die gesamte Abteilung Natur und Umwelt des Potsdam-Museums abgewickelt werden. Proteste und eine Unterschriftensammlung engagierter Aquarianer, Bürger und Wissenschaftler führten zu einer intensiven Diskussion über die beabsichtigte Schließung, die in die Stadtverordnetenversammlung getragen wurde. Eine Mehrheit der Stadtverordneten Potsdams stimmte am 5. Mai 1999 dann für den Erhalt der Abteilung Natur und Umwelt und damit auch für das Aquarium. Für das Museumsgebäude und Aquarium folgte eine erneute umfassende Sanierung. Das Naturkundemuseum wurde am 14. November 2001 mit dem sanierten und modernisierten Aquarium „Fische Brandenburgs“ der Öffentlichkeit übergeben. Leiter des heutigen Aquariums ist Udo Rothe.

Ein großer Wels war zu allen Zeiten des Aquariums der bekannteste Fisch und hatte schnell seinen eigenen Freundeskreis. Während der erste Wels von 95 Zentimetern Länge 1965 im Potsdamer Fischgeschäft „Havelhecht“ erworben wurde, stammte der zweite Wels von 1,3 Meter Länge und 20 Kilogramm Gewicht aus der Havel bei Brandenburg. Ende Mai 1983 kaufte das Museum ihn von Fischern der „PGB Havel“ Brandenburg. Er war bis zum 30. Juni 1997 der Liebling der Aquarienbesucher, und nicht nur der größte gezeigte Wels, sondern mit 14 Jahren im Aquarium auch der Fisch, der am längsten im Aquarium gelebt hat. Für die Sanierungsphase wurde das Tier in den Sacrower See nördlich von Potsdam gesetzt. Leider überlebte er dort die Zeit zwischen Schließung und Wiedereröffnung des Aquariums nicht.  Der heutige Wels, ein Weibchen, stammt aus der Elbe und wurde dem Naturkundemuseum vom Fischer Reinhard Gottberg aus Kietz bei Rhinow geschenkt. Sie wurde später von den Besuchern auf den Namen Weline getauft und ist jetzt 1,75 Meter lang und zwischen 25 und 30 Jahre alt.

Das Halten von Binnenstinten, einer kleinen Schwarmfischart, in Aquarien wurde in der Literatur als nicht möglich beschrieben. Im Jahr 1983 stiegen im Teupitzer Seengebiet erstmalig wieder Binnenstinte zum Laichen in kleine Fließgewässer auf. Stinte riechen intensiv nach frischen

grünen Gurken und waren im 19. Jahrhundert in Brandenburg und Ostpreußen ein zur Laichzeit in Massen aufsteigender Fisch. Ab 1984 wurden regelmäßig Laichaufstiege der Binnenstinte  untersucht und auch erstmalig im Potsdamer Aquarium  über ein Jahr gehalten. Dabei gab es auch unerwartete Fehlschläge. Weil der Binnenstint eine im Freiwasser lebende Schwarmfischart ist, wurde ein Teil der aus einer Laichpopulation gefangenen Stinte in das große Ausstellungsaquarium zum Wels gesetzt. Der Schwarm sollte sich nach der Vorstellung der Mitarbeiter im Oberflächenbereich des großen Beckens über dem Wels aufhalten und dort gut zu beobachten sein. Als am nächsten Morgen der Zustand der Stinte kontrolliert werden sollte, schwamm kein einziger Stint mehr im Becken. Der Wels hatte über Nacht jeden Stint gefressen. Danach wurden nie wieder Stinte zum Wels gesetzt. Bis heute gibt es Fische, auf die der Wels einen besonders großen Appetit hat, und die er bis auf das letzte Tier frisst, zum Beispiel den Ukelei und den Rapfen.

Mit der Einrichtung des Aquariums im Naturkundemuseum Potsdam war eine Reihe von Aufgaben verbunden, die über das reine Ausstellen der heimischen Fischarten hinausgingen. So wurde über Jahre durch die Museumskustoden Hans-Joachim Paepke und Detlef Knuth eine Fischsammlung und eine Datenbank zum Vorkommen heimischer Fischarten aufgebaut. Diese Daten bildeten die Grundlage für die ersten beiden Roten Listen der Fische Brandenburgs. Natürlich bilden die Gewässeruntersuchungen der letzten fünf Jahrzehnte auch die Datengrundlage zur Einschätzung der Situation vieler Gewässer in Brandenburg. Mehrfach initiierten Mitarbeiter des Naturkundemuseums Unterschutzstellungsverfahren für Gewässer in Brandenburg wie die Düsteren Teiche in Potsdam, die Stepenitz in der Prignitz oder für ein Fließgewässerschutzsystem des Landes Brandenburg. Viele weitere Beispiele für Forschungsvorhaben, die mit den Aquarien des Naturkundemuseums verbundenen waren und sind, ließen sich aufzählen. Das aktuelle Gewässerforschungsprojekt des Naturkundemuseums Potsdam, in Kooperation mit dem Wasser- und Bodenverband „Großer Havelländischer Hauptkanal-Havelkanal-Havelseen“, wendet sich den Meliorationsgräben in Brandenburg zu. Es soll helfen, die Bedeutung der Gewässer für die aquatische Lebewelt besser zu verstehen, aber auch zur Erhöhung der biologischen Vielfalt in diesen Gräben beitragen.

In Vorbereitung des Jubiläums wurde das Aquarium in den vergangenen Wochen renoviert. Ein Becken erhielt eine neue Innengestaltung. Durch neue Lehm-Sand-Substrate im Bodengrund wird das Pflanzenwachstum gefördert. Eine erste Pflanzung fand bereits im Januar statt. Dazu wurden in der Potsdamer Stadthavel Wurzelknollen der Gelben Teichrose ausgegraben und in den vorbereiteten Aquarienboden eingebracht. Täglich kann man nun das Entrollen der kleinen zarten Blätter verfolgen. Bis zur Geburtstagfeier am Sonnabend wird der Fischbestand im Aquarium noch mit weiteren Arten bereichert. Erwartet werden noch neue Hechte, Bleie, Plötzen und Güstern und vielleicht auch ein Neunauge.

Anlässlich des Aquarienjubiläums gibt das Naturkundemuseum eine Festschrift heraus. Sie dokumentiert in aller Ausführlichkeit die Entstehung und technische Entwicklung des Aquariums. Die Ausgabe erfolgt am Tag der Festveranstaltung, 14. Februar, zum Sonderpreis von 5 Euro, später 8 Euro. Freunde des Aquariums werden am Sonnabend, 14. Februar, um 15 Uhr zu einer Öffentlichen Führung erwartet, die mit einer Geburtstagsfütterung für die Fische verbunden ist.

Programm zum Jubiläumsfest

Fachvortrag Beginn – Aquarium „Fische der Havelseen“ - Dr. Hans-Joachim Paepke, Gründer des Aquariums

Fachvortrag Das Großaquarium „Fische der Havelgewässer“ - Dr. Detlef Knuth, „Architekt“ des neuen Aquariums, Direktor des Naturkundemuseums Potsdam

Fachvortrag Neustart – Aquarium „Fische Brandenburgs“, Udo Rothe, Diplom-Fischereiingenieur, Leiter des Aquariums

Besichtigung der Quarantänestation

Festlicher Jubiläums-Empfang

Underwater-Music mit Ralf Benschu & Karsten Intrau

Potsdam, 10.02.2015

Veröffentlicht von:
Stadtverwaltung Potsdam

Info Potsdam Logo 2015-02-10 10:50:28 Vorherige Übersicht Nächste


1626

Das könnte Sie auch interessieren:

SVV mit großer Zustimmung für erneuerbare Großerzeuger


SVV mit großer Zustimmung für erneuerbare Großerzeuger
16.05.24 -   Die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung (SVV) gab bei ihrer Sitzung am 15. Mai 2024 der Energie und Wasser ...

Bianca Schmidt beendet ihre Karriere


Bianca Schmidt beendet ihre Karriere
16.05.24 - Unsere #20 Bianca Schmidt wird in diesem Sommer ihre aktive Fußballkarriere beenden. Das Heimspiel am kommenden ...

Weiterer Meilenstein für die Tram 96 nach Krampnitz


Weiterer Meilenstein für die Tram 96 nach Krampnitz
15.05.24 - Beim Projekt Tram 96 nach Krampnitz wurde ein weiterer Meilenstein erreicht. Seitens des Landesamtes für Bauen und ...

After Work Lounge in der Biosphäre Potsdam


After Work Lounge in der Biosphäre Potsdam
15.05.24 - “Oh, I wanna dance with somebody...“: Am 16. Mai 2024 verwandelt sich die Orangerie der Biosphäre ...

Internationaler Museumstag im Waisenhaus-Museum am 19. ...


Internationaler Museumstag im Waisenhaus-Museum am 19. ...
15.05.24 - Die Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam lädt am 19. Mai 2024 ins barocke Stiftungsensemble in der ...
 
Facebook twitter