Kulturerben vom "Groß Glienicker Kreis" erforschen Ortsgeschichte
Führung durch den Gutspark am Tag des offenen Denkmals
Im Vorfeld des Tag des offenen Denkmals im Europäischen Kulturerbejahr stellt die Untere Denkmalschutzbehörde ehrenamtlich tätige Potsdamerinnen und Potsdamer vor, die sich in Vereinen oder Initiativen um die Pflege und den Erhalt der Baukultur verdient machen. Eine dieser Initiativen ist der Groß Glienicker Kreis e. V., der sich um bauliche Zeugnisse der Vergangenheit im Ortsteil kümmert und lokale Geschichte aufarbeitet.
Gegen Ende der DDR begannen engagierte Einwohner, sich um den örtlichen Naturschutz im Giebelfenn und im ehemaligen Gutspark und um die lokale Geschichte zu kümmern. Es entstand die Broschüre „Groß Glienicke im Wandel der Zeit – Vom Rittergut und märkischen Bauerndorf zur Siedlungsgemeinde“, die in mehreren überarbeiteten Fassungen erschien. Später sind das Buch „Groß Glienicke – Geschichte und Geschichten“ sowie die Broschüren „20 Jahre Mauerfall“ in Groß Glienicker Begegnungen Nr. 7 und „Groß Glienicke und der Mauerbau“ hinzugekommen. Im Jahre 2003 gründete sich der „Groß Glienicker Kreis“ als eingetragener gemeinnütziger Verein. Konkreter Anlass war der Wunsch, das vom Verfall bedrohte Potsdamer Tor am Ortseingang zu retten. In Kooperation mit der Stadt Potsdam und verschiedenen Stiftungen und Spenden konnte 2006 das restaurierte Tor eingeweiht werden.
Im Jahr 2010 gelang es, die an das Potsdamer Tor angrenzende „Neugierde“ und den Staffagebau in Form einer gotischen Ruine zu restaurieren. Regelmäßig stehen Informationsabende, Diskussionsrunden, Vorträge, Führungen durch den Gutspark im Rahmen des Tags des offenen Denkmals, historische Exkursionen im Dorf und im Königswald auf dem Jahresprogramm. Seit 2007 bemüht sich der Groß Glienicker Kreis, den Gutspark mit Kulturveranstaltungen zu beleben. Tradition hat die Theaterreihe „Stimmen im Park“.
2009 versammelten sich lokalgeschichtlich interessierte Groß Glienicker unter dem Dach des Groß Glienicker Kreises, um Licht in das Dunkel der Geschichte jüdischer Familien zu bringen. Mit nur spärlichen Anhaltspunkten ausgestattet, wurde im Internet recherchiert, mit Anwohnern gesprochen und es wurden Archivakten studiert. 2011 erschien die Broschüre „Jüdische Familien in Groß Glienicke – Eine Spurensuche“ mit zehn Familiengeschichten. Darunter die Geschichte eines Rabbi, der später Versicherungsfachmann wurde mit einem Wochenendhaus in der Seepromenade, der bereits 1933 mit seiner Familie nach Palästina emigrierte, um sich dort unter größten Schwierigkeiten eine neue Existenz zu schaffen. Oder ein Hauseigentümer Am Seeblick, der das KZ Theresienstadt überlebte und nach Amerika ging. Zwei Häuser sind von Interesse, weil sie erhalten wurden und inzwischen unter Denkmalschutz stehen: das Wohnhaus der Familie Abraham in der Seepromenade – die Eigentümerin Anna Abraham wurde 1944 in Auschwitz ermordet – und das Sommerhaus Am Weinberg des Präsidenten der Berliner Ärztekammer Alfred Alexander, der mit seiner Familie 1936 nach London emigrierte. Dieses Haus ist für die Ortsgeschichte von besonderer Bedeutung. Ein Urenkel von Alfred Alexander, Thomas Harding, hat Kontakt mit dem Groß Glienicker Kreis aufgenommen und ein vielbeachtetes Buch über die Geschichte des Hauses und seiner Bewohner geschrieben mit dem Titel „Das Sommerhaus am See“.
Vier durch den Verein an markanten Örtlichkeiten aufgestellte Schaukästen informieren über Teilaspekte der Ortsgeschichte: den Gutspark, die Besiedlung der Aue, die DDR-Geschichte und den Mauerbau. Die Stadt Potsdam stellte im Jahr 2014 das Mauerdenkmal fertig, das die vier Mauergenerationen 1961, 1965, 1970 und 1977 zur Anschauung bringt. In Groß Glienicke ist das einzig noch in Berlin erhaltene typische Mauerteil von 1961 aus Plattenbauelementen zu sehen. In Verbindung mit ortsansässigen Künstlern entsteht am Uferweg des Groß Glienicker Sees zurzeit ein Skulpturenpfad.
Am Tag des offenen Denkmals 2018 wird um 15 Uhr eine Führung durch den Gutspark angeboten. Der nach französischem Vorbild gestaltete Barockgarten der Familie Ribbeck (1572–1788) wurde von der Familie Berger-Landefeld (1836–1890) durch einen Landschaftspark nach englischem Vorbild ersetzt. Das neue Herrenhaus wurde in der Art des Potsdamer Villenstils errichtet, der sich an italienischen Vorbildern orientiert.
Anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres organisieren in diesem Jahr zahlreiche Potsdamer Vereine für Baukultur unter dem Motto „Europa in Potsdam – Kulturerben zeigen ihre Stadt“ Veranstaltungen und beleben damit die vielen denkmalgeschützten Orte. Ein Highlight dieser Jahreskampagne ist der jährlich stattfindende Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 9. September, der in diesem Jahr dem Leitgedanken „Entdecken, was uns verbindet“ folgt.
Das Programm zur Jahreskampagne ist online zu finden unter: https://www.potsdam.de/kulturerben-zeigen-ihre-stadt. Das Programm zum Tag des offenen Denkmals wird in Kürze separat veröffentlicht.
Der Kontakt zum Verein ist möglich unter http://grossglienickerkreis.de.
Potsdam, 24.07.2018Veröffentlicht von:
Landeshauptstadt Potsdam
