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Potsdam, 16.11.2015

Potsdam gedenkt Opfern der Kriege und des Terrors von Paris

Oberbürgermeister Jann Jakobs, Landtagspräsidentin Britta Stark, die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Birgit Müller, Vertreter der russischen Armee und der Bundeswehr sowie Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverordnetenversammlung und des Landtages gedachten am gestrigen Volkstrauertag den Opfern der beiden Weltkriege, aller Opfer von Krieg und Gewalt sowie der Opfer des Terrors in Paris. Nachfolgend dokumentieren wir die Rede des Oberbürgermeisters:

„Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

gewöhnlich fällt es uns nicht leicht, am Volkstrauertag um die Opfer der zwei Weltkriege und um alle Opfer von Krieg und Gewalt zu trauern. Denn der Trauer fehlt oft der konkrete, persönliche Bezug. Das ist heute anders.

Wir blicken nach Frankreich. Wir stehen noch unter dem Eindruck der Schreckensmeldungen, die uns in der Nacht vom Freitag zum Samstag erreicht haben und sind schockiert von den erbarmungslosen Terroranschlägen in Paris mit über 120 Todesopfern und über 180 zum Teil lebensbedrohlich Verletzten.

Wir verurteilen diese abscheuliche Tat brutaler Extremisten.

Wir fühlen uns ohnmächtig angesichts dieser Gewalt, ringen nach Worten und empfinden tiefes Mitgefühl und Anteilnahme.

Meine Damen und Herren, der heutige Volkstrauertag erfährt mit diesen Terroranschlägen in Paris seine traurige und schmerzhafte Aktualität. Der Volkstrauertag war nach dem Ersten Weltkrieg vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge angeregt worden, um der Millionen  Toten auf den Schlachtfeldern fern von der Heimat einen Tag des Gedenkens zu geben. Fast jede Familie hatte damals einen Toten zu beklagen. Mütter und Väter klagten um ihre verlorenen Söhne. Frauen trauerten um den Verlust ihrer Männer. Kinder weinten um ihre Väter. Lehrer vermissten ganze Schulklassen. Damit erhielt der zentrale Gedenktag seinen Sinn. Mit dem Gedenken an die Opfer war die Hoffnung auf Versöhnung der Völker verknüpft. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Mehr noch, der Tag wurde in der nationalsozialistischen Diktatur zu einem Heldengedenktag der gefallenen Soldaten missbraucht. Das „Volk“, so auch im Volkstrauertag, zu einer blutsmäßigen Gemeinschaft eingeschworen; und die nicht Teil dieser Gemeinschaft waren oder sein wollten, wurden ausgrenzt, verfolgt und vernichtet.

Der von Deutschland entfachte mörderische Vernichtungskrieg forderte schließlich mehr als 55 Millionen Tote. Mit sechs Millionen getöteten jüdischen Mitbürgern, mit Millionen gefallenen Soldaten, mit Opfern des Luftkrieges, mit Flüchtlingen und Heimatvertriebenen. Am Ende dieses blutigsten Krieges in der Weltgeschichte lag Europa in Trümmern und ein eiserner Vorhang durchschnitt Deutschland.

Daran erinnern wir heute am Volkstrauertag. Denn die zwei großen Kriege des 20. Jahrhunderts, die von deutschem Boden ausgingen, lehren uns, wie kostbar der Frieden, wie unbezahlbar die Freiheit, wie unschätzbar die Demokratie ist.

Der Volkstrauertag kann uns aber auch heute an diesem Tag unter dem Eindruck der Terroranschläge in Paris eine zentrale Wandlung in der Geschichte Europas im 20. Jahrhundert vor Augen führen. Ich meine den Wandel der Vorstellung von Volk und Gemeinschaft. Die tiefe, hoch emotionale und persönliche Anteilnahme für die Terroropfer, wie sie jetzt insbesondere in den sozialen Netzwerken zum Ausdruck kommt, macht deutlich, dass wir zwar in einer nationalen Gemeinschaft beheimatet, aber in einem europäischen Kontext historisch verortet sind. Die Grenzen übergreifende Trauer, die Trauer von Volk zu Volk, von Nation zu Nation, öffnet uns in diesen Tagen die Augen für den Zusammenhalt Europas. Der Angriff am Freitag traf somit nicht allein in das Herz Frankreichs, er traf in das Herz Europas.

Meine Damen und Herren, wir stehen hier am sowjetischen Ehrenfriedhof, weil wir bewusst und mit aller Deutlichkeit die Tatsache benennen wollen, dass von Deutschland der blutigste aller Kriege ausging und Deutschland 1945 befreit wurde. Gleichzeitig stehen wir auf dem Bassinplatz, nur wenige Meter von der Französischen Kirche entfernt. Unsere Verbundenheit mit Frankreich und seinen Bürgerinnen und Bürgern ist nicht allein der europäischen Union geschuldet. Unsere Stadt verdankt den französischen Einwanderinnen und Einwanderern eine nicht zu missende kulturelle Bereicherung. Die Zuwanderung hat unsere Stadt, unsere Stadtgemeinschaft, letztlich auch unser Volk zu dem gemacht, was es heute ist. Ein Volk, das trauern kann, über Grenzen hinweg.

Ich danke Ihnen!“

Potsdam, 16.11.2015

Veröffentlicht von:
Stadtverwaltung Potsdam / Foto: LHP/jab

Info Potsdam Logo 2015-11-16 11:05:12 Vorherige Übersicht Nächste


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