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Potsdam, 29.04.2011

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit im Klinikum gefordert

29.04.2011 - Die Andere fordert von SPD und Linken:
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit im städtischen Klinikum

Am 1. Mai werden landesweit große Reden gehalten. Gerade SPD und Die Linke stehen unter dem Slogan „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ an Infoständen und verteilen Materialien über ihren Einsatz für eine angemessene Bezahlung von Arbeiter/innen und Angestellten.

Die Fraktion Die Andere möchte den diesjährigen 1. Mai nutzen, um öffentlich auf die große Diskrepanz von öffentlicher Verlautbarung und konkreten Handlungen hinzuweisen, die die Tarifpolitik von SPD und Linken in Potsdam kennzeichnet.

In den vergangenen Jahren hat sich unsere Fraktion immer wieder bemüht, in der Stadtverordnetenversammlung durchzusetzen, dass auch die Angestellten in den städtischen Betrieben nach ordentlichen Tarifen bezahlt werden. Für uns haben kommunale Unternehmen eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Wir erwarten, dass städtische Betriebe auf dauerhafte Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingungen setzen, dass gleiche Arbeit gleich bezahlt wird und dass die Stadt Potsdam die private Rechtsform der städtischen Betriebe nicht zu Intransparenz und Tarifflucht nutzt.

Mehr als 20 Jahre nach der Wende ist es an der Zeit, nicht nur am 1. Mai gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit in Ost und West zu verlangen, sondern dies auch dort praktisch umzusetzen, wo man selbst darüber zu entscheiden hat.

Im August 2006 wechselte das städtische Klinikum „Ernst von Bergmann“ innerhalb des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV) in die Mitgliedschaft ohne Tarifbindung. Diese OT-Mitgliedschaft war erst unmittelbar zuvor unter wesentlicher Mitwirkung des Potsdamer Oberbürgermeisters Jann Jakobs eingeführt worden. In einer konzertierten Aktion kündigten innerhalb kurzer Zeit alle größeren Kliniken ihre Vollmitgliedschaft im KAV und entledigten sich durch Beitritt zur neuen OT-Mitgliedschaft der Tarifbindung.

Die Fraktion Die Andere hat deshalb im August 2010 in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung beantragt, die städtischen Vertreter/innen in den Gremien des Klinikums anzuweisen, die Rückkehr in die Mitgliedschaft mit Tarifbindung zu veranlassen. Bereits im Hauptausschuss wurde der Antrag heiß diskutiert.

Der Klinikumsgeschäftsführer Steffen Grebner erklärte, dass das Krankenhaus durch die zu erwartenden Mehrkosten von 2 Mio € in die roten Zahlen rutschen würde. Auf Nachfrage bezifferte er aber die Gewinne des Vorjahres auf 2,8 Mio €.

Dennoch wurde der Antrag am 6. Oktober 2010 in der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt. Damit öffentlich nachvollziehbar wird, wer sich für die Tarifbindung des städtischen Klinikums eingesetzt hat, beantragte Die Andere Wortprotokoll und namentliche Abstimmung. Beide Dokumente möchten wir am heutigen 1. Mai veröffentlichen.

Nach der Ablehnung unseres Antrages erhielten wir im Stadthaus zahlreiche Briefe, Mails und Anrufe, die uns in unserer Position bestärkten. Es wurde deutlich, dass im Klinikum ein erhebliches Einkommensgefälle herrscht. Insbesondere in den ausgegründeten Tochtergesellschaften werden für die gleiche Arbeit erheblich geringere Gehälter gezahlt. Die Zahl der befristeten Arbeitsverträge ist erheblich angewachsen. Längst haben die Einsparungen im Personalbereich zu einer Verschlechterung der medizinischen Betreuung geführt. Im städtischen Klinikum ist ein Klima der Angst und Einschüchterung geschaffen worden, das eine klare Benennung von Missständen oft verhindert.

Da auch 2009 ein Überschuss von 2,7 Mio € durch das Klinikum erwirtschaftet wurde, hat sich Die Andere entschieden, einen neuen Anlauf zur Durchsetzung von Tariflöhnen im Potsdamer Klinikum zu starten. Inzwischen ist dieser Antrag in den Fachausschüssen mehrfach beraten worden. Dabei behauptete der Geschäftsführer des Klinikums im nicht öffentlichen Teil des Gesundheitsausschusses, dass das Krankenhaus die Zahlung von Tariflöhnen nicht leisten könne. Nachvollziehbare Unterlagen legte er allerdings nicht vor.

In der Stadtverordnetenversammlung am 4. Mai 2011 wird nun erneut darüber abgestimmt, ob im Klinikum „Ernst von Bergmann“ endlich angemessene Tarife gezahlt werden.

Die Fraktion Die Andere fordert alle Potsdamer Stadtverordneten auf, diesem Antrag zuzustimmen. Insbesondere Linke und SPD möchten wir bitten, ihre heutigen Parolen innerhalb der nächsten drei Tage nicht zu vergessen und den 1. Mai am 4. Mai in praktische Politik umzusetzen. Schon jetzt kündigen wir wieder an, eine namentliche Abstimmung zu beantragen.


Anke Lehmann, Sven Brödno und Anja Heigl

Die Stadtverordneten der Fraktion Die Andere



DOKUMENTIERT


Antrag 10/645 der Fraktion Die Andere

„Mitgliedschaft des städtischen Klinikums im Kommunalen Arbeitgeberverband“


Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Oberbürgermeister und die Vertreter/innen der Stadt Potsdam in den Gremien und Organen des Klinikums „Ernst von Bergmann“ werden beauftragt, dafür Sorge zu tragen, dass das städtische Klinikum im Kommunalen Arbeitgeberverband unverzüglich in eine Mitgliedschaft mit Tarifbindung wechselt.

Die Stadtverordnetenversammlung ist im Dezember 2010 über die eingeleiteten Schritte zu informieren.

Begründung:

Im Juni 2010 berichtete die Lokalpresse über einen Arbeitsrechtsstreit im städtischen Klinikum. Dabei wurde berichtet, dass das städtische Klinikum 2006 aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband ausgetreten sei. Auf unsere Kleine Anfrage 10/492 hin teilte der Oberbürgermeister mit, dass er 2006 selbst in der Gesellschafterversammlung beschlossen habe, im Kommunalen Arbeitgeberverband in die Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft) zu wechseln. Der Aufsichtsrat wurde erst im Nachhinein informiert, die Stadtverordneten unseres Wissens überhaupt nicht.

Die Andere geht davon aus, dass kommunale Unternehmen eine Vorbildfunktion haben sollten. Dazu gehören fair bezahlte, dauerhafte Arbeitsplätze, die ein klares Bekenntnis zu Tarifbindungen und Transparenz gegenüber den Beschäftigten, den Stadtverordneten und – soweit wie möglich – auch der Öffentlichkeit.


DOKUMENTIERT

Stadtverordnete von SPD und Linken blockieren
Tariflohn im städtischen Klinikum

Namentliche Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung am 06.10.2010 zum Antrag 10/645 der Fraktion Die Andere „Mitgliedschaft des städtischen Klinikums im Kommunalen Arbeitgeberverband“


Ja-Stimmen: 6

Dr. Klaus-Uwe Gunold (Linke)
Ralf Jäkel (Linke)
Dr. Herbert Schlomm (Linke)
Christian Kube (Die Andere)
Julia Laabs (Die Andere)
Gregor Vöhse (Die Andere)


Nein-Stimmen: 18

Jutta Busch (SPD)
Volker Klamke (SPD)
Hannelore Knoblich (SPD)
Harald Kümmel (SPD)
Anke Michalske-Acioglu (SPD)
Dr. Hagen Wegewitz (SPD)
Jann Jakobs (SPD)
Wolfgang Cornelius (CDU/ANW)
Horst Heinzel (CDU/ANW)
Klaus Rietz (CDU/ANW)
Michael Schröder (CDU/ANW)
Peter Schultheiß (CDU/ANW)
Saskia Hüneke (B 90/Grüne)
Martin Kühn (B 90/Grüne)
Peter Schüler (B 90/Grüne)
Björn Teuteberg (FDP)
Martina Engel-Fürstberger (FDP)
Wolfhard Kirsch (BürgerBündnis)


Stimmenthaltungen: 12

Hella Drohla (Linke)
Gabriele Herzel (Linke)
Rolf Kutzmutz (Linke)
Birgit Müller (Linke)
Dr. Sigrid Müller (Linke)
Brigitte Oldenburg (Linke)
Dr. Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke)
Jana Schulze (Linke)
Dr. Ralf Otto (SPD)
Mike Schubert (SPD)
Dr. Christian Seidel (SPD)
Andreas Menzel (B 90/Grüne)


Nicht anwesend: 21

Jens Gruschka (Linke)
Peter Kaminski (Linke)
Karin Schröter (Linke)
Anita Tack (Linke)
Stefan Wollenberg (Linke)
Pete Heuer (SPD)
Heike Judacz (SPD)
Klara Geywitz (SPD)
Till Meyer (SPD)
Birgit Morgenroth (SPD)
Dr. Manja Orlowski (SPD)
Claus Wartenberg (SPD)
Maike Dencker (CDU)
Hans-Wilhelm Dünn (CDU)
Peter Lehmann (CDU)
Nils Naber (B 90/Grüne)
Stefan Becker (FDP)
Franziska Schneider (FDP)
Brian Utting (Familienpartei)
Ute Bankwitz (BürgerBündnis)
Marcel Guse (DVU)

Damit wurde der Antrag bei 6 Ja-Stimmen, 18 Nein-Stimmen und 12 Stimmenthaltungen abgelehnt. Gleich 21 Stadtverordnete waren bei der Abstimmung nicht anwesend.

Nutzen Sie den morgigen 1. Mai, Ihre Stadtverordneten auf ihr Stimmverhalten anzusprechen. Fragen Sie nach, ob am 4. Mai 2011 mit deren Stimme für eine gerechte Bezahlung nach ordentlichem Tarif im städtischen Krankenhaus zu rechnen ist.

Potsdam, 29.04.2011

Veröffentlicht von:
Die Andere

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