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Potsdam, 16.07.2009

Schönbohm zieht nach 10 Jahren Bilanz

16.07.2009 - Als ein erfülltes politisches Jahrzehnt hat Innenminister Jörg Schönbohm seine im Herbst zu Ende gehende Amtszeit in Brandenburgs Landesregierung bezeichnet. Bei einem persönlichen Rückblick nannte er am heutigen Donnerstag die beiden Legislaturperioden seit 1999 „Jahre innenpolitischer Herausforderungen und dynamischer Veränderungen". Die Bilanz sei positiv. „Brandenburg ist dank unseres Muts zu Reformen und neuen Wegen moderner und für die Menschen sicherer geworden", hob Schönbohm vor der Presse hervor. Auch bundespolitisch sind Akzente gesetzt worden. So habe er als Vorsitzender der Innenministerkonferenz im vergangenen Jahr eine erfolgreiche Bilanz vorgelegt. Das vor wenigen Wochen nach 15 Jahren fortgeschriebene ‚Programm Innere Sicherheit’ von Bund und Ländern trägt auch die Handschrift Brandenburgs, dem die Leitung der Arbeitsgruppe zur aktuellen strategischen Ausrichtung für die Sicherheit in Deutschland übertragen worden war.

Für das Plus an Sicherheit in Brandenburg nannte der Innenminister als Beispiele die Kriminalitäts- und Unfallentwicklung. So ging die Zahl der Straftaten im Land von 1999 bis 2008 um 41.000 Fälle auf rund 209.000 zurück. Die Kriminalitätsbelastung verringerte sich von 9.720 auf noch 8.246 Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner. Damit rückte Brandenburg vor Flächenländer wie Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern und deutlich näher an den Bundesdurchschnitt.

Dass die Straßen des Landes sicherer geworden sind, zeigt die spürbare Abnahme der Unfälle seit 2000 von fast 99.000 auf rund 81.000, belegten 7.000 weniger Verletze und macht vor allem der Rückgang bei den Verkehrstoten von 425 auf 222 Opfer im vergangenen Jahr deutlich. Die Polizei habe mit ihren Konzepten ideenreicher Prävention und flächendeckender Verkehrsüberwachung wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen.

Schönbohm ging auch auf die aktuelle Kriminalitätsentwicklung in diesem Jahr ein, die nach technisch-organisatorischen Umstellungen im Jahr 2008 die erwartete Rückkehr zu einer verbesserten Aufklärungsquote gebracht hat. Sie wuchs im Vergleich zum ersten Halbjahr 2008 um 2,6 Prozentpunkte auf 55 Prozent.

In Brandenburgs Grenzregionen setzte sich der Rückgang der Gesamtkriminalität mit einem Minus von 3,6 Prozent auf 11.000 Straftaten fort. Gleichzeitig wurden in einzelnen Bereichen wie Fahrzeugdiebstahl oder Diebstählen aus Gärten und Bungalows Anstiege registriert. „Wir behalten die regional unterschiedliche Entwicklung sehr genau im Auge und werden hier in enger Zusammenarbeit mit den polnischen Kollegen und der Bundespolizei die Präventionsarbeit und die Ermittlungen weiter verstärken", kündigte Schönbohm an.

Ausführlich setzte sich der Minister mit der Entwicklung des Extremismus im Land auseinander, bei dem der Rechtsextremismus die größte Herausforderung bleibe. „Es gehört für mich persönlich zu den wichtigsten Arbeitsergebnissen, dass sich heute bundesweit mit Brandenburg zivilgesellschaftliches Engagement, staatliche Konsequenz und sinkende Zustimmung Jugendlicher für die Parolen der ‚Wölfe im Schafspelz’ verbinden", so Schönbohm. Er erinnerte an den Rückgang der rechtsextremistischen Gewaltdelikte in Brandenburg, die entgegen dem Bundestrend von 2004 bis 2008 von 105 auf 71 Delikte abnahmen. „Das kann nur motivieren, weiter überall wachsam und aktiv zu bleiben. Auch wenn die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten im Land in den zurückliegenden Jahren abgenommen hat - sie bleiben gefährlich, wie aktuelle Beispiele zeigen." Gefährlich bleibt auch der Linksextremismus. Die Zahl der Gewaltdelikte ist hier deutlich geringer, aber sie nimmt zu. Wer immer noch glaube, der Linksextremismus erledige sich als Problem von selbst, sei auf einem naiven und deshalb gefährlichen Holzweg.

Mit Hinweis auf eigene Lebenserfahrungen warb Schönbohm für demokratischen Streit, Information und die Erarbeitung eigener Standpunkte gerade bei jungen Menschen. Es sei ihm sehr wichtig, dass die Verfassungsschutzbehörde des Landes seit Jahren mit einer breiten Öffentlichkeitsarbeit hierzu beitrage. Diese bundesweit beachtete Transparenz ist für ihn Markenzeichen eines Nachrichtendienstes im Rechtsstaat, der in Brandenburg mit seinen Informationen ein fester Partner für Kommunen, Institutionen oder Vereine geworden ist.

Eine entscheidende Zäsur für die Entwicklung der Sicherheit im Land ist nach den Worten Schönbohms die grundlegende und personalsparende Reform der Landespolizei gewesen. Er sei froh, sich gegen die Zweifler und Bedenkenträger durchgesetzt zu haben. Der Modernisierungsweg der Landespolizei parallel zu völlig neuen sicherheitspolitischen Gefahrenszenarien und Haushaltsengpässen bleibt ein Erfolgsmodell. „Wir haben viel in die Polizei investiert und werden von vielen für die pragmatischen Strukturen und heutigen Ausstattungen beneidet - ob bei Computern, neuen Fahrzeugen oder neuen Schutzwesten und Uniformen", stellte Schönbohm fest. Dabei sei klar, dass Wünsche trotz aller intelligenten Lösungen offen bleiben müssten, da sich die Polizei nicht auf einer Haushaltsinsel befinde.

Bei seiner Bilanz sparte Schönbohm Enttäuschungen nicht aus. So sei es z. B. nicht gelungen, die Kapazitäten der neuen Fachhochschule der Polizei gemeinsam mit Berlin zu nutzen. Schönbohm: „Unser Angebot wurde, anders als es die Polizei des Deutschen Bundestages getan hat, nicht aufgegriffen. Ich hoffe, dass sich eines Tages da noch die Vernunft beim Nachbarn durchsetzt."

Noch mehr Schlagkraft ist nach Überzeugung Schönbohms auch beim elektronischen Verwaltungsservice notwendig. Es gibt seit 2004 einen guten Masterplan für Brandenburgs eGovernment und inzwischen viele Angebote wie beispielsweise das Dienstleistungsportal service.brandenburg.de, die Polizei-Internetwache oder die enge Verzahnung von eGovernment und Wirtschaft. Allerdings hätte die Dynamik von Möglichkeiten und Erwartungen die Messlatte höher gelegt, als angenommen. Es bleibe auf diesem Gebiet viel zu tun.

Eine absolute Top-Aufgabe seiner Amtszeit war laut Schönbohm die umfassende Erneuerung der Kommunalstrukturen. Diese Arbeit war von vielen Diskussionen und Interessenkonflikten begleitet worden. Das sei bei einem solchen Unterfangen völlig normal. Umso bedeutsamer sind die Ergebnisse. „Wenn bei der dringend erforderlichen Gemeindegebietsreform aus 1.479 Gemeinden 418 geworden sind, kann sich wohl jeder das Konfliktpotential vorstellen", erinnerte Schönbohm. Die Reform war erfolgreich wie ihm bei Gesprächen im Land auch die damaligen Zweifler bestätigen. „Ich bekenne ganz offen, dass ich auf dieses Ergebnis auch persönlich stolz bin", resümierte der Innenminister.

Ein wirklich großer Wurf sei die nachfolgende Kommunalverfassung geworden, die eine neue Gemeindeordnung, Landkreisordnung und Amtsordnung zusammenfasst. Der diesbezügliche politische Diskurs habe hier und da das Bild einer Defizit-Lösung vermittelt. „Das ist völlig falsch. Mir ging es immer zuallererst darum, die inneren Kommunalstrukturen so zu modernisieren, dass die Kommunen in ihrer Verantwortung und ihren Kompetenzen gestärkt werden. Genau das haben wir geschafft", so ein überzeugter Schönbohm. Die neue Kommunalverfassung hat unter anderem auch das bürgerschaftliche Engagement gestärkt, Normen und Standards abgebaut und über die Klärung von Zuständigkeitsfragen auch Rechtsunsicherheiten beseitigt. Bedeutsam sei genauso die Neuordnung und notwendige Öffnung des Gemeindewirtschaftsrechts gewesen.

Weniger zufrieden zeigte sich Schönbohm beim dritten ‚kommunalen Baustein’ seiner Agenda, der Fortführung der Funktionalreform. Der in Kürze von der Arbeitsgruppe aus Vertretern der Ressorts, Staatskanzlei und kommunalen Spitzenverbände vorzulegende Bericht erfüllt nicht alle Erwartungen. So werden lediglich 21 der 89 Vorschläge von Aufgabenübertragungen an die Kommunen befürwortet, von denen 11 bereits umgesetzt seien. Außerdem handelt es sich nur um Teilaufgaben, nicht um Aufgabenkomplexe. „Man muss sachlich festhalten, dass wir damit das ursprüngliche Ziel der Funktionalreform nicht erreicht haben", erklärte Schönbohm. Gebremst hätten zahlreiche Sachargumente aus den Ressorts und auch Interessenkonflikte zwischen den kommunalen Ebenen.

Zu den Bilanzpunkten des Minister-Rückblicks gehörten weiterhin die konzeptionellen Lösungen für den Brandschutz im Land, wo ein Netz von Stützpunktfeuerwehren, die Einrichtung neuer Regionalleitstellen und der Ausbau der Landesfeuerwehrschule unter anderem Antworten auf demografisch begründete Einsatzprobleme gibt. Außerdem erläuterte Schönbohm das erfreulich gewachsene Stiftungsengagement in der Mark, das sein Ministerium als Stiftungsbehörde serviceorientiert unterstützt. Waren es bei seinem Amtseintritt noch 53 Stiftungen bürgerlichen Rechts, engagieren sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen heute 138 derartige Stiftungen in Brandenburg.

Schönbohm ging in persönlichen Worten auch auf die aktuellen Diskussionen um Polizeiangehörige mit MfS-Vergangenheit ein. Fragen zur damaligen Übernahme seien verständlich, nicht nur, aber besonders bei den Opfern der Stasi. Form und Inhalt der Diskussion aber skandalisierten häufig das Thema, dessen Fakten seit den neunziger Jahren öffentlich bekannt sind. Es sei deshalb unredlich, heute mit Fingern auf Mitarbeiter zu zeigen, die sich seinerzeit offenbart haben, rechtsstaatlich übernommen wurden und sich 18 Jahre in der Landespolizei bewährt haben.

„Die jetzigen Fragen zur Aufarbeitung der Verfahren sind Fragen an die damals Verantwortlichen. Zur sachlichen Rückschau gehört auch die kritische Selbstreflexion. Davon wünschte ich mir bis heute etwas mehr von denen, die in diesen Jahren zu entscheiden hatten." Schönbohm kündigte in diesem Zusammenhang die wissenschaftliche Untersuchung des Übergangs der Volkspolizei in Brandenburgs neue Polizei an. Dazu prüfe man in der Landesregierung bereits die Finanzierungslösung. Die Etappe sei eingebettet in ein geplantes Gesamtprojekt an der Polizeifachhochschule zur Aufarbeitung der Rolle der Polizei in der DDR.

Schönbohm beendete seine persönlich gehaltene Bilanz mit einem Dank an die Mitarbeiter seines Ressortbereiches, die in den Behörden und Dienststellen wie im Innenministerium mit ihrem engagierten Einsatz dafür gesorgt hätten, dass politische Ideen und Konzepte zu den genannten Arbeitsergebnissen wurden. Gleichzeitig äußerte er viel Zuversicht für die kommenden ‚innenpolitischen Jahre’ des Landes. „Die Innenpolitik war im vergangenen Jahrzehnt in so mancher Beziehung Tempomacher. Es gibt damit eine gute Startposition für Kommendes", wagte Schönbohm den Vorausblick. Beim Rückblick musste er zum Schluss auch schmunzeln, als er etwa aus dem ‚politischen Hintergrund’ seiner 10 Amtsjahre plauderte. „Da gab es nicht nur Indiskretionen und harten ‚Vier-Augen-Streit’. Ich habe auch oft herzhaft lachen müssen über so manche Prise politischen Blödsinns."

Potsdam, 16.07.2009

Veröffentlicht von:
Ministerium des Innern Brandenburg

Info Potsdam Logo 2009-07-16 15:29:58 Vorherige Übersicht Nächste


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