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Potsdam, 28.05.2010

Leibniz-Kolleg Potsdam zeichnet junge Wissenschaftlerin aus

Der Publikationspreis des Leibniz-Kollegs Potsdam 2010 geht an Henriette Kirchner vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE).

Übergewicht gilt weithin als zivilisatorische Folge von zu wenig Bewegung und dauerhaft falschen Ernährungsgewohnheiten. Nur zu gern werden die oft schwerwiegenden Folgen für das Herz-Kreislauf-System und den Bewegungsapparat des Menschen verdrängt. Die Problemchen, so meinen viele, lassen sich mit einer kleinen Diät und ein bisschen Nordic Walking schon in den Griff bekommen: alles nur eine Frage des Willens. Doch was ist eigentlich mit den körpereigenen Mechanismen? Wie entsteht Übergewicht, was passiert dabei genau im Körper? Die Arbeit von Wissenschaftlern wie Henriette Kirchner setzt genau hier an.

Ihre Versuche haben gezeigt, dass das Hormon Ghrelin den Appetit steigert und es damit auch für Übergewicht verantwortlich sein könnte. Ein hoher Ghrelinspiegel verlangsamt zudem den Stoffwechsel, hemmt die Fettverbrennung und fördert damit den Körperfettansatz.

Allerdings muss das Hormon Ghrelin erst einmal durch die Ankopplung bestimmter Fettsäuren aktiviert werden. Und dafür ist das kürzlich entdeckte Enzym Ghrelin-O-Acyl-Transferase verantwortlich, kurz GOAT genannt.

Henriette Kirchner hat die natürliche Regulation von Ghrelin und GOAT bei Labormäusen untersucht. In einer kürzlich in der sehr renommierten Fachzeitschrift Nature Medicine erschienenen Veröffentlichung beschreibt sie außerdem die Auswirkungen einer Überproduktion oder gar des Fehlens von GOAT. Sie konnte beweisen, dass GOAT zur Aktivierung des Hormons bestimmte Fette nutzt, die mit der Nahrung aufgenommen werden - nicht jedoch das körpereigene Fett. Damit ist es möglich, Ghrelin durch eine gezielte Auswahl bestimmter Nahrungsfette anzuschalten.

Kirchners Studie zeigt, dass Ghrelin bislang von der Forschung zutiefst missverstanden wurde: Das Hormon ist nicht der klassischer Appetitmelder. Vielmehr könnte Ghrelin als eine Art „Fettsensor“ fungieren, um die aufgenommene Nahrung möglichst effektiv auszunutzen und zu speichern. Die genetischen Modelle dieser Studie zeigen außerdem, dass ein Verlust von GOAT zu einem niedrigeren Körpergewicht und einem geringeren Körperfettanteil führt. Dies lässt den Schluss zu, dass neuartige, GOAT-hemmende Medikamente in der Therapie gegen Übergewicht eingesetzt werden könnten.

Die 1980 geborene Berlinerin Henriette Kirchner studierte bis 2005 Ernährungswissenschaft an der Friedrich-Schiller Universität Jena. Nach dem Diplom wechselte sie in die USA, forschte zunächst an der Upstate Medical University in Syracuse, New York, und von 2007 bis zum Frühjahr 2010 an der University of Cincinnati, Ohio. In Zusammenarbeit mit dem DIfE bearbeitete sie dort ihr Promotionsprojekt im Rahmen des internationalen Leibniz-Graduiertenkollegs „Sensorische, endokrine und metabolische Kontrolle der Nahrungsauswahl".

Henriette Kirchner erhält den mit 2.500 Euro dotierten Publikationspreis des Leibniz-Kollegs Potsdam für junge Nachwuchswissenschaftler. Sie zeichnet sich durch eine hervorragende Publikationstätigkeit und ungewöhnlich hohe Produktivität vor ihrer Promotion aus und war darüber hinaus bereits als junge Wissenschaftlerin dazu eingeladen, einen internationalen Übersichtsartikel zu schreiben.

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsbedingter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Forschungsschwerpunkte sind dabei Adipositas (Fettsucht), Diabetes und Krebs.

Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 86 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute arbeiten strategisch und themenorientiert an Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 16.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 7.100 Wissenschaftler, davon wiederum 2.800 Nachwuchswissenschaftler.

Das Leibniz-Kolleg Potsdam vergibt einmal jährlich einen Sonderpreis an Nachwuchswissenschaftler aus der Region Berlin-Brandenburg, die herausragend in den Bereichen der Mathematik und Naturwissenschaften geforscht, bedeutende wissenschaftliche Resultate erzielt haben und nicht älter als 35 Jahre sind. Dabei wird die Qualität der Forschung u.a. anhand von Veröffentlichungen in renommierten wissenschaftlichen Zeitschriften und Fachmagazinen beurteilt. Der Sonderpreis ist mit 2.500 Euro dotiert und soll zur Förderung der Wissenschaft bzw. der Bildung verwandt werden. In diesem Jahr wird er auf dem Gebiet der Astrophysik vergeben.

Potsdam, 28.05.2010

Veröffentlicht von:
Deutsches Institut für Ernährungsforschung

Info Potsdam Logo 2010-05-28 09:50:10 Vorherige Übersicht Nächste


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